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Marine-Generalarzt a. D. Dr. med. Richard Kleffel (1850–1919)
Leitender Arzt

Juli 1906

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September 1906

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Sonntag, 19. August 1906
Hatte für heute eine längere Frühexkursion | Ehrenberg | in Aussicht genommen, die auch von schönem Wetter begünstigt worden wäre. Gebe aber auf, da drüben |1| der Pfarrer noch fiebert u. blutigen Auswurf hat u. noch ein zweiter Pat. bettlägerig geworden ist. An sich hätte das ja nicht viel zu sagen, aber so, wie ich hier stehe, muß ich ja übertriebene Rücksichten walten lassen. Mache also nur kurzen Waldgang u. sitze dann allein zu Hause. Habe Brief von Handl |2|. Ihr Wiedersehen mit dem Vater |3| hat in seinen interessanten Berichten über seinen Garten u. die neue Voliere gegipfelt. Um 9h. ist sie aufgebrochen. Für mich ist aber trotzdem wieder ein »Auftrag« herausgekommen. Wilhelm |4| hat behauptet ich hätte ihn mal hierher eingeladen, damit er etwas Medizin triebe; Wann und wo das geschehen sein soll, ist mir schleierhaft. Nun soll mich äußern, ob ich den Jungen in die Mache nehmen will, wofür der Papa 14 Tage bewilligen will, da er für die andere Ferienzeit den Herrn Sohn für sich beansprucht. Soll ihn nach Norderney begleiten, zusammen mit Frl. |5| Elli. Erkläre mich bereit W. |4| herzunehmen, sofern
[Fortsetzung der Aufzeichnungen unter dem 16. August 1906]
er vier Wochen bleiben kann, denn nur so lohnt es sich ihn anzulernen. Lediglich für ihn zu sorgen, das fällt mir nicht ein. Dazu habe weder geringste Lust noch Verpflichtung. Wer von der lieben Familie tut jemals mir einen Gefallen? Stelle also Bedingung, daß am 1/9 spätestens hier antritt u. bis Ende des Monats bleibt, natürl. gegen Zahlung entsprech. Pension an Frau Dr. H. |6|. Mit letzterer gehe ich gegen Mittag zu Pastor Preu |7|, um Frau P. |8| zum Geburtstag zu gratulieren. Am N. M. |9| zu Hause. Später erscheint Frl. |5|
[Fortsetzung der Aufzeichnungen unter dem 17. August 1906]
Käte Wachsen |10|, um mir über ihre Erlebnisse zu berichten. Engagement ist perfekt geworden. Ende Sept. soll in Berlin ihren Haushalt auflösen u. von 1/10 endgültig Wirtschaftsleitung übernehmen. Sie glaubt, daß ihr gut gehen u. gelingen wird Stellung entspr. auszufüllen, obschon Schwierigkeiten derselben jetzt schon erkennt. Mit Frau Kr. |11| ist sie bereits zusammen geraten, als sie sie in einer Dienstboten Klatscherei in schroffster Weise angefahren. KW. |10| hätte aber sich energisch gewehrt u. Folge sei Erklärung gewesen, dß sie dann allein wirtschaften solle, Frau Kr. |11| würde sich um nicht mehr kümmern. Darüber ist KW. |10| sehr entzückt, da damit freie Hand erhält die, wie sie sagt, geradezu unglaublichen Mißstände zu beseitigen. Wurde in empörendster Weise zu Ungunsten von Kr. |12| gewaltet. Sie erzählt tolle Sachen, namentl. über unehrliche Dienstboten. Ich behauptete das ja längst u. hatte Andeutungen gemacht. Sehr lobt sie ihn Kr. |12| u. Frl. Prien. Ich spreche ihr Mut zu in Hoffnung dß Erfolg u. Anerkennung finden wird. Aber putzige Kruke |13| bleibt sie doch. Begleite sie auf Heim-
[Fortsetzung der Aufzeichnungen unter dem 18. August 1906]
weg. Abds. |14| feiern bei Pastors Geburtstag. 4 Töchter, darunter Frau Runge |15| (Gattin eines Berl. Seifenfabrik. |16| der einst Pat. bei Krems. |17|, sich ganz in Nähe prächtigen Landsitz |18| geschaffen. Soll klotzig reich sein, aber nicht auf gesellschaftl. Höhe. Auch etwas potator |19|. Vor einigen Tagen durch Fall schwere Gehirnerschütt.) Krems. |12| u. Frau |11|, Pfarrer Stünckel |20|, Candidat Kiermeyer etc. |21| Ist ganz nett. Krem |12| u. Emilio |22| machen Musik auf schönem heute vom reichen Schwiegersohn |16| gestift. Bechstein'schen Stutzflügel. Frau R. |15| singt recht sympath. Abds. |14| als piece de resistance |23| Würstchen von Niquet |24|. Plaudern bis Mitternacht.
|1| Sanatorium »Waldpark«
|2| Johanna Kleffel geb. Kühnemann (1874–1937), Ehefrau von Dr. med. Richard Kleffel
|3| Friedrich (gen. Fritz) Kühnemann (1840–1917), Kommerzienrat und Schwiegervater von Dr. med. Richard Kleffel
|4| Stud. med. Wilhelm Kühnemann (1883–1911), Schwager von Dr. med. Richard Kleffel
|5| Fräulein
|6| Marie Hirschfeld geb. Feraud verw. Stubbe (1869–1949), Besitzerin des Sanatoriums »Otto Stubbe«
|7| Hermann Preu (1838–1912), Pastor in Sülzhayn
|8| Emma Preu geb. Eilers (1843–1935)
|9| Nachmittag
|10| Katharina Wachsen (1862–?)
|11| Ida Kremser geb. Hoffmann (1866–1930), Ehefrau von Dr. med. Emil Kremser
|12| Dr. med. Emil Kremser (1859–1947), Chefarzt an der Knappschafts-Heilstätte Sülzhayn
|13| Kruke: eigentlich großer Krug/Tonflasche, aber auch spöttische Bezeichnung für eine Person
|14| abends
|15| Elisabeth Runge geb. Preu (1884–1970)
|16| Hermann Runge (1865–1935), Seifenfabrikant in Berlin
|17| Kuraufenthalt im Sanatorium Dr. Kremser mit Familie und Zofe vom 20.04.1899–20.07.1899
|18| Villa Runge, später Sanatorium »Rodehorst«
|19| potator (lat.) = Trinker
|20| Hermann Stünkel (1870–1956), Pastor collaborator in Sülzhayn
|21| et cetera (lat.) = und so weiter, und so fort
|22| Emil Hoffmann (1868–1945), Besitzer des Sanatoriums »Kurhaus« und Schwager von Dr. med. Emil Kremser
|23| piece de resistance (fr.) = Krönung, Glanzstück
|24| Friedrich Niquet (Hugenotte), betrieb ab 1839 in Berlin einen Würstchenkeller
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