| Startseite |
Marine-Generalarzt a. D. Dr. med. Richard Kleffel (1850–1919)
Leitender Arzt

Juli 1906

03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 28

August 1906

08 10 11 12 13 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31

September 1906

01 02 05 06 07 08 09 10 11 12 13 15 16 17 18 19 22 25 27 28 29 30
Mittwoch, 8. August 1906
Heute soll also mein Herzensweib hier eintreffen, um mich in meiner Einsamkeit u. meinen Bekümmernissen für einige Tage zu trösten. Ich will ihr nach Nordhausen entgegen fahren, zumal dort noch einige Besorg. machen muß. Im Dienst herrscht Ruhe und Kollege Wiemann |1| ist bereit ev. |2| einzuspringen. Ich beeile meine Krankenbesuche u. finde eine Fahrgelegenheit mit einem von »Emilio« |3| abreisenden Pat. |4| Bin gegen 1h. in Nordhausen. Nachdem Friseur meinen äußeren Menschen, der sehr in Unordnung geraten war, hergestellt hat, esse ich mäßig im »Hackerbräu« u. wandere dann durch Stadt, die hochinteressant. Prächtige, alte Bauwerke. Vergebliche Besuche bei Kreisarzt Med. Rat Dr. Max Häbler (alter Schulkamerad) u. bei Frau Major Mettler. Beide verreist. Sehe mir Loge an. Hübscher Garten mit prächtigem Fernblick. Damit ist fast 5h. geworden. Zurück zur Bahn, wo mein Handl |5| bald darauf wohlbehalten u. frisch eintrifft. Natürl. angenehm überrascht mich vorzufinden. Fahren sofort weiter. Von Ellrich im Wagen von Kremser |6|. Ich konnte zu meiner
[Fortsetzung der Aufzeichnungen unter dem 9. August 1906]
Freude meinen Schatz bei mir einquartieren, wenn auch nicht fürstlich, wie gern getan hätte, aber ganz nett. Im leeren Schwesternzimmer haben gute Schlafstube u. daneben meine »Salvus« |7| die ich mit Grün u. Feldblumen geschmückt habe. Dr. H. |8| u. Frau empfangen H. |5| sehr freundlich u. zu meiner großen Beruhigung empfindet H. |5| Zusammensein mit krankem Mann nicht zu sehr, auch nicht beim Essen. Abds. |9| machen kurzen Waldgang u. dann berichtet H. von daheim, Gottlob, fast nur Gutes. Leider klagt über Dora, die wieder ganz unleidlich sein u. namentl. gegen neue Köchin, mit der H. |5| zufrieden, nichtswürdig sich benehmen soll. Ich fürchte ein Krach wird nicht ausbleiben. Trotz aller guten Eigenschaften ist D. |10| in ihrer maßlosen Beschränktheit nicht im Stande einzusehen, dß Vorteile zumeist für sie bestehen. Nimmt nicht Vernunft an, dann rate zu kurzem Bruch. Man sollte derartige Undankbarkeit nicht für möglich halten. Leider gestaltet sich Hs. Aufenthalt hier äußerlich nicht sehr günstig, da Wetter schlecht. Fast ständig Regen
[Fortsetzung der Aufzeichnungen unter dem 10. August 1906]
der uns selbst an kurzen Spaziergängen hindert. Na, wir tragen es u. genießen einander nach Kräften. Das genügt. Während ich beschäftigt bin nimmt sich die Schwester (Marie) welche Dr. H. |8| aus Soden |11| hergeleitete Hs. an, zeigt ihr Anstalt, bringt sie zu Pat. |4| u. macht sich Luft gegen Frau H. |12|, die sie nicht ausstehen kann. Sie hätte allein daran Schuld, daß alles schief ginge, da immer nur sich u. ihre Leistungen in Vordergrund schöbe. Keines anderen, auch noch so reichliche Arbeit wolle gelten lassen, geschweige denn entsprechend lohnen. An falscher Stelle spart u. ebenda sei üppig. Am Donnerstag regnet fast beständig, beim Versuch Kremser's zu besuchen werden tüchtig naß. Müssen Abds. |9| zu Hause plaudern.
|1| Dr. med. Carl Wiemann (1860–1922), Leitender Arzt an mehreren Sanatorien im Dorf Sülzhayn
|2| eventuell
|3| Emil Hoffmann (1868–1945), Besitzer des Sanatoriums »Kurhaus« und Schwager von Dr. med. Emil Kremser
|4| Patient
|5| Johanna Kleffel geb. Kühnemann (1874–1937), Ehefrau von Dr. med. Richard Kleffel
|6| Dr. med. Emil Kremser (1859–1947), Chefarzt an der Knappschafts-Heilstätte Sülzhayn
|7| salvus (lat.) = wohlbehalten (Wohnung, Heim, Herberge)
|8| Dr. med. Hermann Hirschfeld (1875–1907), Leitender Arzt am Sanatorium »Otto Stubbe«
|9| abends
|10| Dora ..., Kinderfrau der Familie Kleffel
|11| Sooden an der Werra
|12| Marie Hirschfeld geb. Feraud verw. Stubbe (1869–1949), Besitzerin des Sanatoriums »Otto Stubbe«
Logo W3C HTML 4.01 Strict Logo W3C CSS